Ursprung und Hintergrund der Balfour-Declaration
Texte:
Die Ursprünge der Balfour Declaration – Die Memoiren des James A. Malcolm.
Übersetzt und kommentiert von Johannes Freiland.
Kapitel:
Einführung
Text von James A. Malcom, Übersetzung Johannes Freiland
Anhang 1 – Wortlaut der Balfour Declaration
Anhang 2 – Brief britischer Judenverbände an The Times
Anhang 3 – Nachruf auf James A. Malcolm in The Times
Anhang 4 – Kritische Betrachtung von Malcolms Memoiren
Anhang 5 – Aufteilung gem. Sykes-Picot Abkommen 16. Mai 1916
Anhang 6 – Palästina in der Völkerbund-Periode
Anhang 7 – Die amerikanische Seite und der weitere Verlauf
English Version (PDF), clean transcription with extensive commentary:
Origins of the Balfour Declaration–Dr. Weizmann‘s Contribution, by James A. Malcolm. Retyped from the Facsimile-Edition, commented and with an introduction by Johannes Freiland
Original Text (PDF) Facsimile:
Malcolm, James Aratoon: Origins of the Balfour Declaration–Dr. Weizmann‘s Contribution. (London, 1944) Facsilime-Edition, The British Museum, ISBN 0939484137
Die Balfour Declaration – Ihre Hintergründe und Folgen für Deutschland und Palästina
von Johannes Freiland.
Kapitel:
1. Einführung
2. Versuch einer historischen Einordnung der Declaration
3. Einfluß auf die Judenfrage
4. Alija – Die Situation in Palästina bis zur Staatsgründung Israels
5. Nakba – die Katastrophe
Einführung ins Thema (auch im Text enthalten)
Die Balfour Declaration vom 2. November 1917 ist das wohl folgenschwerste, kürzeste und seltsamste außenpolitische Vertragsdokument überhaupt. In nur 120 Wörtern verspricht Großbritannien darin den jüdischen Zionisten das Land Palästina – damals noch Teil des Osmanischen Reiches – als nationale Heimstätte für „das jüdische Volk“. Diese Erklärung ist der Öffentlichkeit kaum bekannt, ihre Vorgeschichte und Hintergründe erst recht nicht. Jedoch kann man ohne dieses Wissen nicht recht begreifen:
- Den Kriegseintritt der USA in den 1. Weltkrieg
- Das Versailler Diktat mit der Vernichtung des Deutschen Reiches
- Den Zerfall Österreich-Ungarns und des Osmanischen Reiches
- Die zunehmende Judenfeindlichkeit ab 1919 in der Weimarer Republik, in der Türkei und im arabischen Raum
- Den Aufstieg des Zionismus zur politischen Weltmacht, seine Übernahme Palästinas und die spätere Gründung Israels
- Die heute allgemein akzeptierte Definition des Judentums als Volk, statt als Religionsbekenntnis
- Den andauernden Bürgerkrieg zwischen Palästinensern und jüdischen Israelis
- Den unlösbare Nahost-Konflikt zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten
Das sind Themen, welche das Schicksal Deutschlands und die Weltpolitik prägen bis in die Gegenwart. Für Bürger Deutschlands und Österreichs bringt das Verständnis der Hintergründe Aha-Erlebnisse mit sich, denn sie kommen in der offiziellen Geschichtsschreibung der Siegermächte nicht vor (somit auch nicht in deutscher universitärer Geschichtsforschung, in Wikipedia, in den Massenmedien).
Eine der wenigen Primärquellen zur Vorgeschichte der Balfour Declaration ist der persönliche Bericht von James A. Malcolm. Eine deutsche Übersetzung lag noch nicht vor.
James A. Malcolm und die Balfour Declaration
James Aratoon Malcolm Bagratian (*1868 Bushehr/Persien †1952 London) war Finanzmakler, Waffenhändler, Journalist und Diplomat mit persisch-armenischer Abstammung und exzellenten Verbindungen zu jüdischen Großhändlern und Bankiers im Britischen Imperium. Er wurde 1906 britischer Staatsbürger. Für seine Verdienste um Großbritannien wurde er 1948 mit dem Ordensrang „Officer of the British Empire“ (OBE) geehrt.
Ab Spätherbst 1916 war Malcolm als Initiator und Unterhändler beteiligt an einer geheimen mündlichen Übereinkunft zwischen dem britischen Kriegskabinett und der Zionistischen Weltorganisation, wonach die Zionisten zusicherten, die bis dahin neutralen Vereinigten Staaten von Amerika als Verbündeten Großbritanniens in den Ersten Weltkrieg hineinzuziehen; Großbritannien sich im Gegenzug dazu verpflichtete, den Zionisten den Zugriff auf Palästina als jüdische Heimstätte zu sichern. Die USA traten tatsächlich im April 1917 in den Krieg ein, was das Kriegsgeschick der Alliierten wendete.
Da die Zionisten ihren Teil der Übereinkunft erfüllt hatten, bestanden sie auf einer schriftlichen und verbindlichen Erklärung Großbritanniens, nun seinerseits Palästina für die Zionisten sichern zu wollen. Im November 1917 wurde diese Zusicherung endgültig schriftlich abgefasst – in verschleierter Diplomatensprache – und von Außenminister Lord Balfour unterzeichnet zur Balfour Declaration und ist eines der Gründungsdokumente des Staates Israel. Der internationalen Öffentlichkeit bekannt wurde die Balfour Declaration erstmals 1919 bei den Verhandlungen der Siegermächte in Paris und Versailles, als die jüdisch-zionistische Delegation damit Anspruch auf Palästina als Kriegsbeute erhob. Und die Deutschen wußten nun, wem sie ihre katastrophale Lage zu verdanken hatten.
Das vorliegende Dokument stammt von Malcolm selbst, der 1944 in London aus seiner Erinnerung den Hergang aufschrieb. Er erläutert zunächst, warum er als Nichtjude sich für die Sache des Zionismus so sehr einsetzte, um dann Schritt für Schritt den Ablauf der Verhandlungen, die Umsetzung der Übereinkunft und die Entstehung der Balfour Declaration zu beschreiben, unter besonderer Würdigung der Verdienste von Dr. Chaim Weizmann, dem späteren ersten Staatspräsidenten Israels.
Malcolm schrieb seine Memoiren für britische bzw. jüdische Leser, die den Ersten Weltkrieg und die Nachkriegszeit bewußt miterlebt hatten, denen die genannten Prominenten und Ereignisse also ein Begriff waren. Alle wichtigen angelsächsischen politischen und jüdischen Führungspersönlichkeiten der damaligen Zeit waren beteiligt und werden genannt, somit lesen sich diese Memoiren wie ein Who-Is-Who der Kriegszeit. Deutschen der 2020er werden die Namen jedoch wenig sagen. Daher bringe ich im Text umfangreiche Anmerkungen und Querverweise dazu.