Ursprünge der Balfour Declaration – die Memoiren des James A. Malcolm
James A. Malcolm, Juli 1944 / Übersetzung Johannes Freiland, Juli 2023
Die Ursprünge der Balfour-Declaration – Dr. Weizmanns Beitrag, von James A. Malcolm
Um die Geschichte der Balfour-Declaration zu schildern, erscheint es notwendig, zu erklären, warum das jüdische Problem und die zionistischen Bestrebungen zur Selbstemanzipation in Palästina für mich von Interesse waren und wie es mir beschieden war, Dr. Weizmann zu treffen und die Verhandlungen einzuleiten, die in der Veröffentlichung dieser historischen Charta des jüdischen nationalen Wiederaufstiegs gipfelten.
Meine Familie, die armenischer Abstammung ist, war schon vor der elisabethanischen Zeit in Persien ansässig. Mindestens zwei Jahrhunderte lang war sie in der Schifffahrt und im Handel in Bushire[1] tätig und war stets eng mit den britischen Interessen in Persien und der arabischen Küste des Persischen Golfs sowie im Indischen Ozean verbunden. Wir waren in diesen Gebieten in verschiedenen Funktionen für die britische Regierung tätig. So waren wir beispielsweise Steueragenten und während der napoleonischen Kriege fungierten wir als Schatzmeister der britischen Missionen beim Schah von Persien. (Mein Vater und meine Mutter wurden an Bord eines britischen Kriegsschiffs vom britischen Admiral getraut). Unsere Agenten in Bagdad waren die bekannte und bedeutende Familie David Sassoon[2], die ursprünglich aus Sasoun in Armenien stammte. Einmal musste die Familie Sassoon vor der Habgier des damals halb unabhängigen Paschas von Bagdad fliehen und hatte sich mehrere Wochen lang in unserem Haus in Bushire versteckt gehalten, bis Vorkehrungen getroffen werden konnten, sie (mit ihren Schätzen) nachts an Bord einer unserer Dhaus [ein arabisches Segelschiff] zu bringen und nach Bombay zu verschiffen. Viele Jahrzehnte lang suchten die Juden aus Südpersien bei unserer Familie Schutz, und manchmal baten Hunderte von ihnen in den geräumigen Innenhöfen unserer Häuser in Bushire und Shiraz um Sicherheit und Zuflucht. Manchmal fungierten wir auch als Vermittler für Sir Moses Montefiore[3], der uns Geld zur Verteilung an die bedürftigen Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft schickte. Dies geschah durch unsere Kassierer, die alle Juden waren und die volle Verfügung über alle Geldbestände unserer Firma hatten. (Damals gab es noch keine Banken.)
Es war daher nur natürlich, dass ich, als ich 1881 als Junge zur Ausbildung nach England kam, unter die Obhut eines alten Freundes und Vertreters der Familie, Sir Albert (Abdalla) Sassoon[4] in London, gestellt wurde und jüdische Freunde gewann, darunter auch Colonel Goldsmid[5]. Nachdem ich Oxford verlassen hatte, lernte ich, während ich im Journalismus dilettierte, Mr. Edward Fitzgerald kennen, der damals als Korrespondent der „Daily News“ auf dem Kontinent unterwegs war. Er hatte Herzl[6] in Wien und Konstantinopel getroffen und erzählte mir viel über ihn und seine zionistischen Ideen, was mich natürlich sehr interessierte. In London hörte ich von Colonel Goldsmid und anderen namhaften Juden von geplanten jüdischen Siedlungen in Palästina, El-Arish[7], Argentinien und Kenia. Natürlich hatte ich bei Byron, George Eliot und Oliphant[8] über die Juden gelesen. Später, während meiner Geschäftsreisen in Osteuropa und Russland, sah ich einige der jüdischen Zentren, und ich erinnerte mich immer daran, wie mein Vater mir gesagt hatte, dass die Juden, wo auch immer sie waren, bei jedem Pessachfest auf „nächstes Jahr im Lande Israel“ anstießen[9].
Anfang 1915 gründete ich die Russia Society mit dem Ziel, Wissen über Russland in der britischen Öffentlichkeit zu verbreiten, um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die im Krieg verbündet waren, zu verbessern. Der Sprecher des Unterhauses, Mr. Lowther (jetzt Lord Ullswater), war Präsident, und fast alle Mitglieder des Kabinetts, einschließlich Mr. Churchill, waren Vize-Präsidenten. Zu den frühesten der angesehenen Mitglieder gehörten der Oberrabbiner Dr. J. H. Hertz[10] und der verstorbene L. J. Greenberg[11], Herausgeber des „Jewish Chronicle“. Sie sagten mir, sie hofften, dass eine bessere Verständigung zwischen England und Russland zu einer besseren Behandlung der Juden in jenem Land führen könnte.
Anfang 1916 wurde ich mit Genehmigung der britischen und russischen Regierung von Seiner Heiligkeit dem armenischen Katholikos zu einem der fünf Mitglieder der nationalen armenischen Delegation ernannt, um die armenischen Interessen während des Krieges und danach zu vertreten. Ich war auch der akkreditierte offizielle Vertreter in London, da der Präsident, Seine Eminenz Boghos Nubar Pascha, und die übrigen Mitglieder sich in Paris befanden.
In meiner offiziellen Eigenschaft hatte ich häufige Kontakte mit dem Kabinettsministerium, dem Außenministerium und dem Kriegsministerium, den französischen und anderen verbündeten Botschaften in London, und ich musste auch persönlich bei Besuchen in Paris mit meinen dortigen Kollegen und den führenden französischen Behörden in Verbindung stehen. Zu den Angelegenheiten, über die ich zu verhandeln hatte, gehörten das Wohlergehen der armenischen Flüchtlinge aus der Türkei (an denen die Vereinigten Staaten ein großzügiges und praktisches Interesse zeigten) und die Disposition der armenischen Freiwilligen in Ostarmenien, die unter General Antranik (wie Lord Cecil berichtete) auf dem linken Flügel der britischen Armee im nördlichen Mesopotamien operierten. (Die armenischen Freiwilligen aus Frankreich, den USA, Kanada und anderen Ländern wurden in Zypern ausgebildet, und schließlich kämpften 11.000 von ihnen unter Allenby mit Auszeichnung in Palästina). Diese Fragen brachten mich in enge Verbindung mit Sir Mark Sykes[12], Unterstaatssekretär des Kriegskabinetts für den Nahen Osten, sowie mit Monsieur Gout, seinem Amtskollegen am Quai d’Orsay [Sitz des französischen Außenministeriums in Paris], und Monsieur Georges-Picot[13], Botschaftsrat an der französischen Botschaft in London.
Bei einem meiner Besuche im Kriegskabinettsbüro in Whitehall Gardens im Spätherbst 1916 fand ich Sir Mark Sykes weniger gutgelaunt als sonst. Da ich seine Familie von früher her kannte und unsere Beziehung ungezwungen war, erkundigte ich mich, was ihn beunruhige. Er sprach von der militärischen Pattsituation in Frankreich, der wachsenden Bedrohung durch den U-Boot-Krieg, der unbefriedigenden Lage, die sich in Russland entwickelte, und den allgemein düsteren Aussichten. Er erzählte mir auch, dass der vielbeschworene arabische Aufstand in der Wüste, der den Türken von innen her einen tödlichen Schlag versetzen sollte, ein kläglicher und kostspieliger Misserfolg gewesen sei.* Das Kabinett hoffe sehnlichst auf ein Eingreifen der Vereinigten Staaten. Ich fragte ihn nach den diesbezüglich erzielten Fortschritten. Er schüttelte mürrisch den Kopf.
* Zu Beginn des Krieges legten die Araber und ihre britischen Freunde dar, sie seien in der Lage, im Nahen Osten sehr große Hilfe zu leisten. Auf der Grundlage dieser Darstellungen und Behauptungen wurde das im McMahon-Brief[14] an König Hussein[15] enthaltene Versprechen abgegeben. Später stellte sich heraus, dass die Araber nicht in der Lage waren, „die Ware zu liefern“, und der sogenannte „Aufstand in der Wüste“ bloß eine Fata Morgana war. Ihr Einsatz überstieg nie die Zahl von 700 Stammesangehörigen, häufig waren es weniger als 300, die Hunderte von Meilen hinter der Kampflinie durch die Wüste zogen und sich am „Zahltag“ zum Dienst meldeten. Dafür erhielten sie eine Entlohnung von £200.000 pro Monat in purem Gold, das ihnen nach Akabah geliefert wurde. Diese Summe entsprach für jeden der Stammesangehörigen mehr als dem Gehalt eines britischen Feldmarschalls.
Lawrence[16] selbst machte keinen Hehl aus seiner tiefen Enttäuschung darüber, dass die Araber ihre Zusagen nicht einhielten. Dass Hussein und Faisal[17] nicht in der Lage waren, wirksame Hilfe zu leisten, wurde im Nachhinein durch die Tatsache überdeutlich, dass Ibn Saud es mit Leichtigkeit schaffte, Hussein aus seinem Königreich zu vertreiben. Ähnlich übertriebene Behauptungen, darauf sei hingewiesen, haben die Araber auch bezüglich ihrer Hilfe im gegenwärtigen Krieg aufgestellt. Diese lautstarken Behauptungen, die durch nichts belegt sind, erinnern mich an ein östliches Sprichwort (ich glaube aus dem Talmud): „Eine Austernschale in einem leeren Fass macht ein lautes Geräusch“.
„So gut wie keine“, antwortete er. Er hatte daran gedacht, den beträchtlichen jüdischen Einfluss in den Vereinigten Staaten zu nutzen, war aber nicht dazu imstande gewesen. Berichte aus Amerika zeigten eine sehr pro-deutsche Tendenz unter den wohlhabenden amerikanisch-jüdischen Bankiers und Wertpapierhäusern, die fast alle deutscher Herkunft waren, und unter den jüdischen Journalisten, die sich nach ihnen richteten. Er war tief enttäuscht und verwundert darüber, dass zwei aus Frankreich und Italien entsandte Missionen völlig wirkungslos geblieben waren. Offenbar hatte die zaristische Judenverfolgung mit der schrecklichen Bilanz von Pogromen bei jedem russischen Rückzug einen tiefen Eindruck hinterlassen. Da die Deutschen im Gegenteil in vielen Heeresverordnungen, besonders im besetzten Polen, großes Verständnis und Sympathie für die Juden gezeigt hatten, ließ sich die pro-deutsche Tendenz dieser deutschstämmigen Juden nicht umlenken.
Ich erkundigte mich, welches besondere Argument oder welche Überlegung die Alliierten vorgebracht hätten, um das amerikanische Judentum für sich zu gewinnen. Sir Mark antwortete, dass sie dasselbe Argument wie anderswo verwendet hätten, nämlich, dass wir schließlich gewinnen werden und es besser sei, auf der Gewinnerseite zu stehen. Ich teilte ihm mit, dass es einen Weg gäbe, das amerikanische Judentum grundlegend für die Alliierten zu gewinnen und ihm bewusst zu machen, dass nur ein Sieg der Alliierten von dauerhaftem Nutzen für das Judentum in der ganzen Welt sein könne. Ich sagte zu ihm: „Sie gehen das falsch an. Die wohlhabenden englischen Juden, die Sie kennen, und der jüdische Klerus sind nicht die wahren Führer des jüdischen Volkes. Sie haben übersehen, was der Ruf der Nationalität bedeutet. Kennen Sie die zionistische Bewegung?“ Sir Mark gab zu, nichts von dieser Bewegung zu wissen[18], und ich erzählte ihm etwas darüber und schloss mit den Worten: „Sie können die Sympathie der Juden überall gewinnen, auf genau eine Weise, nämlich indem Sie ihnen den Versuch anbieten, Palästina für sie zu sichern.“
Sir Mark war verblüfft und gestand, dass ich ihm etwas ganz Neues und sehr Beeindruckendes erzählt hätte. Er würde wieder mit mir darüber sprechen. Ein oder zwei Tage später kam er wieder auf das Thema zurück und sagte erneut, es sei höchst interessant, aber es gebe sehr große Schwierigkeiten. Ich kannte damals die genaue Art dieser Schwierigkeiten nicht (erst später erfuhr ich von dem Sykes-Picot-Abkommen mit Frankreich und Russland**). Ich schlug ihm vor, dies mit Lord Milner[19] zu besprechen, einem Mitglied des Kriegskabinetts, der dafür bekannt war, dass er die verschiedenen durch den Krieg aufgeworfenen nationalistischen Fragen in Europa umfassend und einfallsreich betrachtete. Dies versprach er, und er hielt sein Versprechen. Er erzählte mir, dass Lord Milner sehr daran interessiert sei, mehr über die jüdische nationalistische Bewegung zu erfahren, dass er aber keine Möglichkeit sähe, den Juden Palästina zu versprechen. Ich entgegnete ihm, dass mir dies der einzige Weg zu sein schien, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, und erwähnte, dass einer der engsten Freunde von Präsident Wilson[20], vor dessen humanitären Ansichten er den größten Respekt hege, der oberste Richter Brandeis[21] [22] vom Supreme Court sei, der ein überzeugter Zionist war. Sir Mark zeigte sich sehr interessiert an diesem neuen Aspekt und sagte, er werde die Angelegenheit prüfen, aber er sehe immer noch keine Möglichkeit, dass das Kriegskabinett meine Idee aufgreifen werde. Auf meine Frage nach dem Grund antwortete er: „Wir können nicht ohne unsere Verbündeten handeln, und ich fürchte, sie würden niemals zustimmen“. Daraufhin meinte ich, wenn es darum ginge, die Hilfe der Vereinigten Staaten zu sichern, würden die Alliierten sicher zustimmen. Wenn er vom Kriegskabinett die Zusicherung bekäme, dass man dabei helfen würde, Palästina für die Juden zu sichern, würden die Juden in allen neutralen Ländern, insbesondere in den Vereinigten Staaten, gewiss eine pro-britische und pro-alliierte Haltung einnehmen. Er versprach, die Frage mit den von mir vorgeschlagenen zusätzlichen Argumenten erneut an Lord Milner zu richten.
** Dieser geheime Vertrag, der im Mai 1916 unterzeichnet wurde, teilte die türkischen Gebiete im Nahen Osten in drei Einflusszonen auf: eine britische, eine französische und eine russische. Palästina wäre willkürlich zwischen Frankreich und Großbritannien aufgeteilt worden, unter einer vagen, später noch zu definierenden Form internationaler Kontrolle. Die Juden wurden mit keinem Wort erwähnt, und es war eindeutig nicht vorgesehen, dass sie etwas mit dem künftigen Palästina zu tun hätten.
Etwa eine Woche später berichtete er, dass Milner die Angelegenheit inoffiziell mit seinen Kollegen besprochen hatte und diese der Idee positiv gegenüberstanden. Natürlich konnten sie sich nicht festlegen, sondern empfahlen mir, Verhandlungen mit den zionistischen Führern aufzunehmen. Ich entgegnete, dass dies zwecklos sei, da ich nicht mit leeren Händen zu ihnen gehen könne. Ich sagte, dass es meiner Meinung nach ausreichen würde, wenn ich mich persönlich von der Aufrichtigkeit der Absichten des Kabinetts überzeugen könnte, um sodann zu den Zionisten zu gehen und zu sagen: „Wenn ihr den Alliierten helft, werdet ihr die Unterstützung der Briten bei der Sicherung Palästinas für die Juden haben“. Sir Mark hielt dies für äußerst vernünftig, aber er sah große Schwierigkeiten. Frankreich müsste davon überzeugt werden, die Idee von Palästina für die Juden zu unterstützen. Dann war da noch der Vatikan (Sir Mark war selbst Katholik), der sich jedem Plan widersetzen würde, der bedeutete, die christlichen Heiligen Stätten unter jüdische Kontrolle zu stellen. Ich erwiderte, dass diese Schwierigkeiten überwunden werden müssten, wenn die Alliierten die Hilfe der Vereinigten Staaten wollten. Palästina bedeute jüdische Unterstützung, die immer notwendiger wurde. Sir Mark wies dann auf die offensichtliche Gleichgültigkeit vieler Juden gegenüber der Idee von Palästina sowie auf die Opposition anderer hin. Ich antwortete: „Das liegt daran, dass Sie die andere Art von Juden nicht kennen, die bemerkenswerte Typen sind und der Idee von Zion zutiefst verbunden sind. Es gibt Zehntausende, vielleicht Hunderttausende von solchen Juden. Die wohlhabenden jüdischen Bankiers in London haben überhaupt keinen Bezug zu ihnen.“ Sir Mark unternahm es, dem Kabinett von unserem Gespräch zu berichten. Er dachte, Lord Milner und George Barnes[23] würden es verstehen. Ein oder zwei Tage später teilte er mir mit, dass das Kabinett meinem Vorschlag zugestimmt und mich ermächtigt habe, Verhandlungen mit den Zionisten aufzunehmen.
Ich erinnerte mich an meine Gespräche mit Herrn L. J. Greenberg, dem Herausgeber des „Jewish Chronicle“, und schrieb ihm sofort. Ich teilte ihm mit, dass ich aufgrund der mir vorliegenden Informationen sicher sei, dass die Zeit gekommen sei, in der das Judentum aufhören sollte, „auf dem Zaun zu sitzen“ [d.h. keine Partei zu ergreifen], und sich endgültig auf die Seite der Alliierten stellen und seinen ganzen Einfluss, insbesondere in den USA, geltend machen sollte, um einen Sieg der Alliierten zu sichern. Die Juden wollten Palästina, und jetzt sei die Chance da, es zu bekommen. Eine solche Gelegenheit würde sich kaum wiederholen, und es sei die Pflicht eines jeden Zionisten, schnell zu handeln. Abschließend fragte ich ihn, ob er mir ein Treffen mit den Führern der zionistischen Bewegung ermöglichen könne. Greenberg antwortete in einem enthusiastischen Brief und lud mich zu einem Gespräch ein.
Nachdem ich ihm die Lage und die günstigen Aussichten geschildert hatte, bot er mir an, ein Treffen zwischen Dr. Weizmann und den anderen Führern der Bewegung und mir zu arrangieren. Greenberg bat mich, ihn in Dr. Weizmanns Haus in der Addison Road zu treffen, und stellte mich Dr. Weizmann, Herrn Sokolow[24] und einigen anderen vor, an deren Namen ich mich nicht erinnere (ich bin nicht sicher, ob Dr. Tschlenow[25] dort war, aber ich traf ihn später). Dr. Weizmann war einige Monate zuvor von Manchester nach London umgezogen und arbeitete für die Admiralität und das Munitionsministerium an Sprengstoffen. Wie bekannt, hatte er ein wichtiges Verfahren zur Herstellung von Aceton erfunden. Dr. Weizmann bezog sich auf seine Gespräche mit C.P.Scott, dem Herausgeber des „Manchester Guardian“, Mr. Lloyd George[26] (damaliger Munitionsminister) und Balfour (damaliger Chef der Admiralität) und fragte mich, welche Gründe ich für meine Erfolgsgewissheit hätte. Ich schilderte den Kern meiner verschiedenen Gespräche mit Sir Mark Sykes und erklärte, dass ich die Befugnis des Kriegskabinetts für meine Angebote hätte. Dr. Weizmann war sehr interessiert und fragte seine Kollegen nach ihrer Meinung. Alle, und besonders Herr Sokolow, waren skeptisch und zögerlich. Aber Dr. Weizmann wandte sich wieder an mich und fragte mich, ob ich wirklich persönlich davon überzeugt sei, dass die Regierung ernsthaft beabsichtige, ein Versprechen über Palästina als Gegenleistung für die vom amerikanischen Judentum geforderte Hilfe abzugeben, und ob ich ihnen raten würde, es anzunehmen, und ich antwortete: „Ja, ganz sicher.“ Daraufhin schüttelte mir Dr. Weizmann die Hand und sagte: „Ich akzeptiere Ihren Rat“, und fragte, wann er Sir Mark Sykes treffen könne. Ich sagte, wenn ich mit Sir Mark telefonieren dürfte, könnte ich das vielleicht auf der Stelle abmachen. Also rief ich ihn an, sagte, dass ich aus dem Haus von Dr. Weizmann spreche und fragte, wann ich ihn mitbringen könne. Sir Mark vereinbarte den Termin für den folgenden Tag, der ein Sonntag war.
Mein Eindruck von Dr. Weizmann bei dieser ersten Begegnung war der eines Mannes, der sorgsam und doch rasch die Möglichkeiten einer Situation erfasst, der bis zum Ende des Prozesses vorausschaut und auf dem Weg dorthin viele Rückschläge erwartet. Seine hochgewachsene Gestalt, sein ganzes Auftreten, sein blasses Gesicht, seine wachen Augen und seine natürliche Freundlichkeit machten einen großen Eindruck auf mich, der auch nach fast dreißig Jahren nicht verblasst ist. Auch die übrigen Herren erschienen mir als ebenso leidenschaftliche und hingebungsvolle Arbeiter für ihre Sache.
Dr. Weizmann war aufgrund von Kriegsverpflichtungen nicht in der Lage, mich am nächsten Tag nach Buckingham Gate zu begleiten, um Sir Mark Sykes zu treffen, aber Mr. Sokolow, Mr. Greenberg und ein oder zwei andere Zionisten waren dabei. Die Ergebnisse des Gesprächs waren sehr zufriedenstellend. Der erste Schritt bestand darin, die zionistischen Führer in allen Teilen der Welt über den Pakt zu informieren, und Sir Mark sagte, man werde ihnen sofort die Möglichkeit geben, über das Außenministerium und das Kriegsministerium sowie über die britischen Botschaften und Konsulate Kabel zu schicken. Eine ausführliche Sonderbotschaft wurde sofort über das Auswärtige Amt in verschlüsselter Form an Richter Brandeis gesandt. [27]
Weitere Gespräche wurden in verschiedenen Ministerien geführt, wobei Dr. Weizmann anwesend war. Alle diese Gespräche fanden mit dem Wissen und der Zustimmung von Sir Maurice (jetzt Lord) Hankey[28], dem Kabinettssekretär, statt. Die Gespräche führten zu einer allgemeinen Übereinkunft, die ich als „Gentleman’s Agreement“ bezeichnete, dass die Zionisten sich um aktive jüdische Sympathie und Unterstützung für die alliierte Sache bemühen sollten, insbesondere in den Vereinigten Staaten, um eine radikale pro-alliierte Tendenz in diesem Land herbeizuführen, und das britische Kabinett im Gegenzug den Juden helfen würde, Palästina zu gewinnen.
Die Verhandlungen wurden nun im Zimmer von Sir Mark im Auswärtigen Amt weitergeführt, dem die Angelegenheit vom Kriegskabinett zur Bearbeitung übergeben wurde.
Einer der leitenden Unterstaatssekretäre im Außenministerium war damals Sir Ronald Graham[29], der eng mit Sir Mark Sykes zusammenarbeitete und ihm während seiner gesamten Zeit im Außenministerium eine unermüdliche Hilfe war. Die Botschaften, die an die zionistischen Führer in Russland geschickt wurden, sollten sie ermutigen und ihre Unterstützung für die alliierte Sache gewinnen, die durch die russische Misshandlung der Juden beeinträchtigt worden war. Andere Botschaften wurden an jüdische Führer in neutralen Ländern gesandt, mit dem Ergebnis, dass die Sympathien der Juden für die Alliierten überall gestärkt wurden. Ein eindrucksvolles Beispiel für die Wirkung der Botschaft wurde mir aus Petrograd berichtet. Einem wohlhabenden und einflussreichen anti-zionistischen jüdischen Bankier wurde dort das Telegramm gezeigt, in dem die provisorische Versprechung Palästinas an die Juden angekündigt wurde. Er war sehr bewegt und sagte: „Wie kann ein Jude ein solches Geschenk ablehnen?“*
* Später hörte ich von einem noch verblüffenderen Ergebnis der Botschaft betreffend Palästina für die Juden. Die Jadidies von Maschhad[30] in Persien, die wie die Donmehs von Saloniki Krypto-Juden sind, waren kurz davor, sich massenhaft dem Islam anzuschließen, als sie von der Balfour-Erklärung hörten und ihre Meinung änderten.
Auf Ersuchen von Sir Mark Sykes hatte ich ein Gespräch mit General Haddad Pascha, dem Vertreter von Sharif Hussein und seinem Sohn Faisal in London. Es waren zwei weitere hohe arabische Offiziere anwesend. Obwohl sie von Sir Mark bereits eine Andeutung über die neuen Entwicklungen in Bezug auf Palästina erhalten hatten, waren sie überhaupt nicht erfreut über die Informationen, die ich ihnen gab, dass den Juden Palästina als Gegenleistung für ihre Hilfe bei der Gewinnung alliierter Unterstützung in den Vereinigten Staaten versprochen werden sollte. Sie wollten keine jüdischen Einwanderer in Palästina, das ein arabisches Land war. Doch als ich ihnen die Bedeutung dieser Angelegenheit erklärte und ihnen mitteilte, dass das Kriegskabinett diese Entscheidung getroffen hatte, stimmten sie widerwillig zu, denn auch sie waren sich der Unerlässlichkeit amerikanischer Hilfe bewusst. Die Tatsache, dass der vielgepriesene arabische Aufstand so geringfügig ausgefallen war, blieb nicht ohne Einfluss auf ihre Entscheidung. Sie verpflichteten sich, keine Einwände zu erheben, und sagten, wir könnten damit rechnen, dass die arabischen Führer der festgelegten britischen Politik zustimmen würden. Bei meinen Gesprächen mit T.E. Lawrence in London und Paris während des Krieges und mit Faisal und Lawrence während der Friedenskonferenz fand ich Lawrence völlig einverstanden und Faisal versöhnt mit der Umsetzung des Handels. Das von ihm mit Dr. Weizmann ungefähr im April 1918 unterzeichnete Abkommen[31] bestätigt dies.
Am 7. Februar 1917 fand im Haus von Dr. Gaster[32] eine informelle anglo-zionistische Zusammenkunft statt, um Sir Mark Sykes zu treffen, und Herbert Samuel (jetzt Lord Samuel[33]), James de Rothschild[34], Dr. Weizmann, Mr. Sokolow, Dr. Tschlenow und Mr. Sacher[35] und ein oder zwei andere[36] waren anwesend. Meine dienstlichen Verpflichtungen verhinderten meine Anwesenheit. Dr. Weizmann war zu dieser Zeit zu sehr mit seiner chemischen Arbeit im Auftrag der Regierung beschäftigt, um sich ganz den zionistischen Verhandlungen widmen zu können, und da außerdem Herr Sokolow Mitglied der zionistischen Exekutive war, was Dr. Weizmann zu dieser Zeit nicht war, wurde Herr Sokolow abgeordnet, um die Gespräche mit Sir Mark Sykes im Namen der zionistischen Führer fortzusetzen.
Einer der Freunde, die mir sehr dabei halfen, Unterstützung für die zionistische Idee zu gewinnen, war Herr G. H. Fitzmaurice[37], der weltberühmte Dragoman der britischen Botschaft in Konstantinopel. Er war ein sehr gläubiger und einflussreicher Katholik und in der Überzeugung, dass der Erfolg des Zionismus sowohl für die Welt als auch für die Juden selbst von Nutzen sein würde, gab er mir seine tatkräftige Unterstützung und den Vorteil seines unschätzbaren Rates und seiner Erfahrung, während meiner Kontaktaufnahme mit verschiedenen Stellen und Verhandlungen mit den betroffenen Beamten und Abteilungen. Er war es, der General Sir Henry Wilson, Chef des kaiserlichen Generalstabs, General Sir George MacDonogh, Direktor des militärischen Nachrichtendienstes, und einen seiner wichtigsten Assistenten, Oberst W.H. Gribbon, für die Sache gewinnen konnte, und sie alle trugen zum Erfolg der Verhandlungen bei.
Bei den Gesprächen mit Sir Mark Sykes hatte Fitzmaurice seine Hilfe angeboten, um die Zustimmung der französischen und der italienischen Regierung sowie des Vatikans zu erlangen. Was Russland anbelangt, so rechnete er dort nicht mit Schwierigkeiten, falls alle anderen Parteien zustimmen würden, zumal Russland zu diesem Zeitpunkt am Rande des Zerfalls stand.
Nach mehreren Gesprächen mit Sykes wurde es für notwendig befunden, die Angelegenheit auch mit Georges-Picot, Botschaftsrat an der französischen Botschaft in London und in gewisser Hinsicht der französische Kollege und Gegenpart von Sykes in diesen Angelegenheiten, zu besprechen. Picot war sehr verständnisvoll und wohlwollend – nicht nur gegenüber den Armeniern, sondern auch gegenüber den Juden, und er war bereit zu helfen, wenn er konnte. Aber er hatte eine große Schwierigkeit – mit der einzigen und ehrenwerten Ausnahme von Baron Edmond de Rothschild[38] (dem ich viele Jahre zuvor von Herrn George Sheffield von der britischen Botschaft in Paris vorgestellt worden war), waren alle führenden Juden in Frankreich Antizionisten und spotteten über die Idee, dass eine nennenswerte Anzahl von Juden jemals nach Palästina gehen und sich dort niederlassen wolle. Sie erklärten Picot, dass der Zionismus nur eine idealistische Obsession einiger osteuropäischer fanatischer jüdischer Nationalisten sei, die selbst niemals nach Palästina gehen, geschweige denn sich dort ansiedeln würden. Es bedurfte also einer ganzen Reihe stichhaltiger Argumente, die ich ja besaß, um ihn von diesen Behauptungen abzubringen. Auf seinen Vorschlag hin fuhr ich nach Paris und besprach die Angelegenheit auch mit Monsieur Gout, dem damaligen Unterstaatssekretär am Quai d’Orsay für Ostangelegenheiten. Da er in engerem Kontakt mit dem französischen Judentum stand, bedurfte es noch größerer Anstrengungen, um ihn zu überzeugen und die Zusage seiner Hilfe zu erhalten. Tatsächlich setzte das französische Judentum, vertreten durch die mächtige Alliance Israélite Universelle und Monsieur Bigart, den Sekretär dieser Institution, bis zur letzten Minute alle Hebel in Bewegung, um das Projekt zu sabotieren.
Im Dezember 1916 trat Asquith[39] zurück und Lloyd George wurde Premierminister. Dieser Wechsel war für die zionistische Sache insofern von Vorteil, als Asquith eindeutig abgeneigt war, während Lloyd George, selbst Angehöriger einer kleinen und stolzen Nation [Wales] und stark religiös veranlagt, von Natur aus eher geneigt war, die zionistische Bewegung zu verstehen. Sir Mark Sykes und ich erhielten große Hilfe beim Gewinnen seiner Unterstützung durch Philip Kerr (später Lord Lothian), der Lloyd Georges Sekretär war und dessen Ratschlägen in solchen Angelegenheiten er im Allgemeinen folgte.
Obwohl ich bereits den Weg in Paris für eine Prüfung der Palästinafrage einigermaßen geebnet hatte, wurde im Auswärtigen Amt beschlossen, dass ich Sokolow nach Paris begleiten sollte, um sicherzustellen, dass er am Quai d’Orsay von den Herren Pichon[40] und de Margerie[41] empfangen würde. Es war gut, dass ich das tat. Bei meiner Ankunft rief ich Herrn Picot an und vereinbarte einen Termin für Sokolow und mich bei ihm zu Hause. Nach einem langen und zufriedenstellenden Gespräch versprach er, dafür zu sorgen, dass wir von Pichon und de Margerie empfangen würden. Später teilte er telefonisch mit, dass der Termin unter Schwierigkeiten für den nächsten Morgen anberaumt sei. Irgendwie hatten die Alliance Israélite und ihr Sekretär, Herr Bigart, davon Wind bekommen, und wir erfuhren später, dass sie bis zum letzten Moment geglaubt hatten, es verhindern zu können. Aber glücklicherweise hatten wir in Picot einen verlässlichen Freund, der dafür sorgte, dass nichts schief ging. Die Alliance Israélite war sich ihres Einflusses so sicher, dass sie die Nachricht zunächst nicht glauben konnte, als einige Minuten nach Sokolows Ankunft am Quai d’Orsay einige Freunde von ihnen anriefen und es ihnen mitteilten. Ich hatte letztlich beschlossen, dass es für Sokolow besser wäre, allein zu gehen, denn ich hatte Grund zu der Einschätzung, dass der Quai d’Orsay glaubte, ich könnte britische Interessen durchsetzen wollen. Sie (die Leute von der Alliance) riefen immer wieder in unserem Zimmer im Hotel Meurice an und fragten, ob es stimme, dass Sokolow im Ministere sei. Ich antwortete ihnen allen, „Son Excellence, Monsieur Sokolow, est sortie“. Auf die Frage, wer da spreche, antwortete ich: „Le Chef de Cabinet de son Excellence“. Herr Sokolow war sehr amüsiert, als ich ihm von meinem Scherz auf ihre Kosten erzählte. Dann wurde ich unten von einer Schar jüdischer Honoratioren befragt – die meisten von ihnen, so dachte ich, sahen innerlich sehr erfreut aus, obwohl sie äußerlich eine Maske der Missbilligung trugen, wie ein Vater, der seinen Sohn tadelt, weil er über ein gefährliches Hindernis gesprungen ist, und sich gleichzeitig darüber freut.
Von Paris reiste Sokolow weiter nach Rom, und angesichts der ausgezeichneten Arrangements, die Fitzmaurice getroffen hatte[42], war es nicht nötig, dass ich ihn begleitete. Ich habe jedoch dafür gesorgt, dass er den unverzichtbaren Gehrock und den Seidenhut mitnahm. Das Ergebnis des Gesprächs ist bekannt, nämlich die offizielle Bekanntgabe, dass der Papst[43] erklärt hatte, der Vatikan und die Juden würden in Palästina gute Nachbarn sein. Sykes und ich hatten mit dem Marquis Imperiali[44] in London vereinbart, dass Sokolow auch im Quirinale von Baron Sonnino[45], dem Außenminister, empfangen werden würde.
All diese Schritte wurden mit dem vollen Wissen und der Zustimmung von Richter Brandeis unternommen, zwischen welchem und Dr. Weizmann ein reger Austausch von Telegrammen stattfand.
Die Arbeit machte im Frühjahr 1917, als die Vereinigten Staaten in den Krieg eintraten[46], zufriedenstellende Fortschritte. Sir Mark Sykes war sehr zuversichtlich, dass das Versprechen der Regierung sehr bald öffentlich bestätigt werden würde. Leider gab es jedoch eine Reihe schwerwiegender Rückschläge, die die Angelegenheit verzögerten und die Veröffentlichung der Erklärung mehr als einmal ins Wanken brachten. Bekanntlich gab es 1917 sehr viele militärische Rückschläge für Heer und Flotte, mit denen das Kabinett viel zu beschäftigt war, als dass es sich mit der Palästina- und Judenfrage hätte befassen können. Noch schwerwiegender war jedoch die Information, die uns erreichte, dass eines der Mitglieder des britischen Kabinetts mit aller Macht darauf hinwirkte, die Zusage zu verhindern. Es handelte sich um Edwin Montagu[47], den Sekretär für Indien, selbst Jude und Sohn von Lord Swaythling (dem Bankier).
Weitere Opposition kam aus jüdischen Kreisen in Frankreich und in diesem Land. In Frankreich waren, wie gesagt, fast alle führenden Juden, mit Ausnahme von Baron Edmond de Rothschild, erbittert gegen die pro-zionistische Erklärung von Herrn Pichon. Ihre Ablehnung beruhte nicht nur auf französischem Patriotismus, sondern auch auf der Befürchtung, dass eine nationale Heimstätte für Juden in Palästina ihren politischen Status in Frankreich irgendwie beeinträchtigen könnte. Das gleiche Motiv erklärte den wachsenden Widerstand der einflussreichen Juden in England. Im Mai 1917 versammelten die beiden Oberhäupter des englischen Judentums, der verstorbene Claude Montefiore[48], Präsident der Anglo-Jewish Association, und der verstorbene David Alexander[49], K.C., Präsident des Board of Deputies, vertreten durch Lucien Wolf[50] vom gemeinsamen Auslandskomitee dieser beiden Organisationen, eine Reihe ihrer Kollegen und protestierten in einem Schreiben[51] an die Times gegen die vermeldete Absicht der Regierung, eine pro-zionistische Politik in Bezug auf Palästina zu verfolgen.
Glücklicherweise konnten wir mit Hilfe des Auslandsredakteurs der Times, Mr. Wickham Steed[52], der viele Jahre in Wien gelebt, Herzl getroffen und die zionistische Bewegung verstanden hatte, diesem Schritt entgegenwirken, indem wir sofort Antworten von Oberrabbiner Dr. Hertz, Lord Rothschild[53] und Dr. Weizmann veröffentlichten[54]. Der Beitrag des Oberrabbiners war besonders nützlich, um den Ansichten von Claude Montefiore entgegenzuwirken, der als religiöser und geistiger Führer bekannt war.
Lord Swaythling und die League of British Jews [55] setzten ihre aktive Gegenwehr fort und schickten dem Kabinett ein von Lucien Wolf verfasstes, sehr gekonntes Memorandum, in dem sie die zionistischen Forderungen ablehnten. Sir Mark und ich erörterten die Lage, und den zionistischen Führern wurde geraten, die Herausforderung anzunehmen, da es absolut notwendig war, das Kabinett davon zu überzeugen, dass das englische Judentum zionistisch gesonnen und orientiert sei, obwohl seine offiziellen Sprecher antizionistisch eingestellt waren. Es wurde eine schnelle Wahlkampagne unter den Mitgliedern des Board of Deputies organisiert, um zu beweisen, dass das britische Judentum nicht antizionistisch sei. Eine pro-zionistische Resolution wurde eingebracht und mit großer Mehrheit angenommen. Dies führte zum Rücktritt[56] des Präsidenten David Alexander und des Vizepräsidenten S.Q. Henriques, worüber in der Times und der allgemeinen britischen Presse berichtet wurde, was die Regierung sehr beeindruckte und beeinflusste.
Ich fand es bemerkenswert, wie hartnäckig diese führenden englischen Juden darum kämpften, die britische Regierung an der Abgabe des Versprechens zu hindern. Es gelang ihnen, die Angelegenheit lange hinauszuzögern, und schließlich beschloss das Kriegskabinett, die Meinung der führenden Vertreter des Judentums in diesem Land einzuholen, bevor es endgültig entschied. Obwohl die Zahl unserer Freunde im Kabinett gewachsen war und nun Lloyd George, Balfour, Milner, Barnes und General Smuts[57] umfasste, waren wir sehr besorgt, weil die antizionistischen Juden in Reichtum und Einfluss bei weitem die wenigen zionistischen Führer, die in London weilten, überwogen. Die Anfrage des Kriegskabinetts (nicht des Außenministeriums) wurde an die folgenden acht Personen geschickt: Leonard L. Cohen[58], Claude Montefiore, Sir Stuart Samuel, Sir Philip Magnus[59], Lord Rothschild, N. Sokolow, Dr. Weizmann und den Oberrabbiner. Drei von ihnen – Leonard Cohen, Claude Montefiore und Sir Philip Magnus – lehnten die vorgeschlagene Erklärung entschieden ab. Der verstorbene Sir Stuart Samuel, der Bruder von Lord Samuel, war zwar nicht feindselig, aber auch nicht sehr begeistert. Es war daher ein Glücksfall, dass der Oberrabbiner mit dem ganzen Gewicht seiner kirchlichen Autorität eine sehr nachdrückliche Befürwortung übermittelte. Dies war zweifellos sehr hilfreich, um das Kabinett zu überzeugen, dass die vorgeschlagene Erklärung von der großen Mehrheit der jüdischen Bevölkerung im Britischen Empire mit Begeisterung aufgenommen werden würde. Ich persönlich war darüber sehr erfreut, denn dies war von Anfang an mein Standpunkt gewesen, und auch Sir Mark Sykes war mit der Antwort des Oberrabbiners sehr glücklich.
Unsere Arbeitsweise war von Anfang an die folgende. Nachdem die Regierung beschlossen hatte, das Konzept einer pro-zionistischen Politik zu übernehmen, galt es, die verschiedenen Stränge aufzugreifen, die in dieses Konzept eingeflochten werden sollten. Der wichtigste davon war die Aufklärungsarbeit über die zionistischen Ziele, auf die sich Dr. Weizmann seit Ausbruch des Krieges konzentriert hatte. Durch die guten Dienste des verstorbenen C.F. Scott, Herausgeber des „Manchester Guardian“, und des verstorbenen Professors Samuel Alexander von der Universität Manchester, hatte Dr. Weizmann über einen Zeitraum von Jahren Interesse an der Bewegung geweckt bei Mr. Lloyd George, Mr. Balfour, Lord Crewe, Lord Cecil, Sir Herbert Samuel, Philip Kerr, Professor C.K. Webster, Sir Ronald Graham, Colonel Richard Meinertzhagen und anderen. Dr. Weizmann hatte bereits 1906 mit Mr. Balfour den Zionismus erörtert. * Bücher, Pamphlete und Artikel wurden von einer kleinen Gruppe von Dr. Weizmanns Schülern und Freunden geschrieben und veröffentlicht, von denen ich mich erinnere an Herbert Sidebotham, Professor Zimmern, Leon Simon, Harry Sacher, Samuel Landman[60], Simon Marks[61], Israel und Rebecca Sieff[62] und Samuel Tolkowsky. Der verstorbene Herbert Sidebotham war der berühmte Militärkorrespondent des „Manchester Guardian“ und der „Times“ und schrieb auch unter dem Namen „Scrutator“ im „Observer“. Seine Artikel und Bücher, in denen er die zionistischen Forderungen nachdrücklich vertrat, hatten eine große Leserschaft. Besonders hilfreich war die Wochenzeitschrift „Palestine“, das Organ des britischen Palästina-Komitees, das Ende 1916 auf Anregung von Dr. Weizmann in Manchester gegründet wurde. Dr. Weizmanns eigene Kontakte zu Wissenschaftlern und Ministern brachten uns natürlich eine Reihe wertvoller Freunde, unter denen der verstorbene Sir Alfred Mond[63] (Lord Melchett) besondere Erwähnung verdient. **
* In den Jahren 1900-1903 stand Dr. Herzl, der Gründer und erste Präsident der Zionistischen Organisation, in direktem Kontakt mit Joseph Chamberlain und Lord Lansdowne. Beide Staatsmänner hatten Verständnis und Sympathie für den Zionismus gezeigt.
** Sir Alfred Mond, so Wickham Steed, ehemaliger Herausgeber der Times, in seiner Autobiographie „Through Thirty Years“ (London 1922), Bd. 2, S. 392, wurde von Ludendorff[64] nach dem Ersten Weltkrieg gesagt, dass die Balfour-Erklärung das Klügste sei, was die Alliierten in Sachen Propaganda getan hätten, und dass er wünschte, Deutschland wäre zuerst darauf gekommen. In der Tat hatte das deutsche Auswärtige Amt zu Beginn des Krieges mit deutschen Zionisten über Palästina gesprochen, aber die Gespräche wurden abgebrochen, als die deutsche Regierung zur Bedingung machte, dass die Sprache der Juden, die dorthin gingen, Deutsch sein müsse.
Ein weiterer Strang war der militärische Erfolg der Zionistischen Freiwilligeneinheit, zunächst in Gallipoli 1915 und später in Palästina. Das Verdienst für die Gründung der jüdischen Einheit gebührt, wie jeder weiß, dem verstorbenen Wladimir Jabotinsky[65], einem der bemerkenswertesten zionistischen Führer, die ich je getroffen habe. Im August 1917 erhielt er von Lord Derby im Namen des britischen Kabinetts die endgültige Zustimmung zur Gründung der jüdischen Einheit[66] und bereitete damit auch den Boden für die pro-zionistische Erklärung, die so lange zurückgehalten worden war.
Ein weiterer Strang ist mit dem Namen Aaron Aaronsohn[67] verbunden, einem palästinensischen Agrarwissenschaftler ersten Ranges, dessen Arbeit als Entdecker einer neuen Wildweizensorte vor allem in den Vereinigten Staaten bekannt und geschätzt wurde. Aaronsohn war bis zum Sommer 1916 unter den Türken in Palästina geblieben, als es ihm mit großem Geschick und Mut gelang, sich durch die feindlichen Linien durchzuschlagen und so im Oktober 1916 in London anzukommen. Er hatte einen Plan zur Unterstützung der britischen Nahostkampagne, der von der Geheimdienstabteilung des Kriegsministeriums mit Begeisterung aufgenommen wurde und dazu führte, dass er in geheimer Mission nach Kairo geschickt wurde. Von dort aus organisierte er mit sehr engagierten und geschickten Abgesandten, die sich aus Mitgliedern seiner Familie und Freunden aus Palästina zusammensetzten, das, was als „Nili“ bekannt wurde – ein jüdischer Geheimdienst, der General Allenby bei seinem großen Feldzug[68] äußerst wertvolle Dienste leistete. Die Persönlichkeit Aaronsohns hatte sich bei General MacDonogh, dem Leiter des militärischen Nachrichtendienstes, und anderen eingeprägt und dazu beigetragen, eine günstige Atmosphäre für die pro-zionistische Politik zu schaffen, an der wir arbeiteten.
Der ursprüngliche Entwurf der Erklärung wurde von Dr. Weizmann und seinen Freunden in London im Sommer 1917 auf Veranlassung von Sir Mark Sykes erstellt und lautete (nach verschiedenen Änderungen auf Veranlassung der Antizionisten) wie folgt:
„Die Regierung Seiner Majestät betrachtet die Errichtung einer nationalen Heimstätte für die jüdische Rasse in Palästina mit Wohlwollen und wird sich nach besten Kräften bemühen, die Verwirklichung dieses Ziels zu ermöglichen; wobei, wohlverstanden, nichts unternommen werden darf, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nichtjüdischen Gemeinschaften in Palästina beeinträchtigen könnte, oder die Rechte und den politischen Status, den diejenigen Juden in irgendeinem anderen Land genießen, die mit ihrer bestehenden Nationalität und Staatsbürgerschaft völlig zufrieden sind.“ [kursiv vom Übers.]
Dieser Entwurf wurde von Sir Ronald Graham an Brandeis in Washington telegrafiert, um ihn Präsident Wilson vorzulegen und seine Zustimmung zu sichern. Baron Edmond de Rothschild stimmte ihm ebenfalls zu, und er wurde dann dem Kriegskabinett und Herrn Balfour vorgelegt, der ihn als Außenminister unterzeichnen sollte. Er wurde weiter abgeändert, wobei das Wort „Volk“ [people] an die Stelle des Wortes „Rasse“ trat und der Hinweis am Ende auf „völlig zufrieden“ weggelassen wurde, und er verblieb in dieser endgültigen Form im Außenministerium, bis sich die militärische Lage im Osten verbesserte.
Gegen Ende Oktober erfuhr ich von Sir Mark Sykes, dass die Erklärung angesichts zufriedenstellender militärischer Fortschritte in Palästina wahrscheinlich dem Kabinett vorgelegt werden würde. Er bat mich, in der Vorhalle des Kriegskabinetts auf ihn zu warten und vereinbarte ein Codewort, um mir das Ergebnis mitzuteilen. Als er herauskam, rief er mir zu: „Es ist ein Junge“, um den Erfolg anzuzeigen. Später erfuhr ich von Sykes (und auch von Mr. Ormsby Gore[69] (jetzt Lord Harlech)), dass Balfour als Außenminister in einer fünfminütigen Rede den Wert der Erklärung überzeugend darlegte. Darin wurde er von Milner und Smuts sowie dem Premierminister nachdrücklich unterstützt. So kam das Kriegskabinett zu einem einstimmigen Beschluss, die Erklärung abzugeben. Da wusste ich, dass meine Saat nach vielen bangen Wochen und Monaten endlich aufgegangen war, und dass die Regierung zu einem Verbündeten des Zionismus geworden war. Die Erklärung datiert vom 2. November 1917 und ist als Balfour Declaration in die Geschichte eingegangen. Der endgültige Text, wie veröffentlicht, wurde in einem Brief von Herrn Balfour an Lord Rothschild übermittelt und lautete wie folgt:
„Die Regierung Seiner Majestät betrachtet die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina mit Wohlwollen und wird sich nach besten Kräften bemühen, die Verwirklichung dieses Ziels zu ermöglichen, wobei, wohlverstanden, nichts unternommen werden darf, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nichtjüdischen Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und den politischen Status der Juden in irgendeinem anderen Land beeinträchtigen könnte.“
Mit dieser Erklärung erfüllte die britische Regierung – wovon ich von Anfang an ausgegangen war – ihre Verpflichtung, den Juden britische Hilfe bei der Erlangung Palästinas zuzusagen. Es ist daher völlig richtig, wenn Professor Temperley[70], der offizielle Historiker der Pariser Friedenskonferenz, die Balfour-Erklärung als „einen definitiven Vertrag zwischen Großbritannien und dem Judentum“ bezeichnet. ** Die Gegenleistung für diesen Vertrag wurde von den Juden bereits vor dem 2. November 1917 erbracht.
** siehe „A History of the Peace Conference of Paris“, London 1920, Band VI, S.173
Wenn ich auf dieses anstrengende Ringen zurückblicke, fühle ich mich glücklich, dass eine gütige Vorsehung mir die Möglichkeit gab, alle meine persönlichen und offiziellen Verbindungen frei und vollständig in den Dienst meiner zionistischen Freunde zu stellen. So war ich in der Lage, dem jüdischen Volk in einem großen historischen Augenblick einen gewissen Dienst zu erweisen. Ich wusste, dass ich damit im besten Interesse Großbritanniens und zum Wohle der Welt handelte.
Obwohl Dr. Weizmann in einem Brief an mich meine Initiative in dieser Arbeit anerkannt hat, scheint es mir nur fair festzustellen, dass wir ohne seine dynamische und überzeugende Persönlichkeit, ohne seine schnellen und mutigen Entscheidungen hinter den Kulissen und ohne die wichtigen geheimen und gefährlichen Missionen, die er erfolgreich durchgeführt hat, vielleicht gar keinen Erfolg gehabt hätten. Er übernahm durchweg die Führung und wurde von allen, die mit ihm in Kontakt kamen, als der einzige Mann angesehen, der für die Bewegung entscheiden konnte. Er hatte das besondere Glück, dass Frau Weizmann seine Bemühungen in vollem Umfang teilte und unterstützte. *
Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Dr. Weizmann, sobald Mr. Churchill Premierminister wurde, ihn unbedingt sehen wollte, aber Churchill schob das Treffen immer wieder auf, und als er gefragt wurde, warum er zögere, einen Termin zu geben, sagte er: „Ich weiß, dass er mich überzeugen wird.“
Dies war eine hohe Anerkennung seitens des größten britischen Führers für Weizmann, die herausragendste jüdische Persönlichkeit der Neuzeit.
* Immer eingedenk des Diktums von Marcus Aurelius, dass „kein Feldherr, wie groß er auch sein mag, eine Festung ohne Hilfe einnehmen kann“, war es meine Absicht, die Namen all derer zu nennen, die direkt oder indirekt zum Erfolg meiner Bemühungen beigetragen haben. Wenn vielleicht ein Name ausgelassen wurde oder keine genauen Daten angegeben wurden, dann deshalb, weil einige meiner Aufzeichnungen durch Feindeinwirkung zerstört wurden. Während ich diese letzte Fußnote schreibe, werden meine Fenster heftig von den Explosionen der fliegenden Bomben erschüttert, die einschlagen in der Nähe meiner Wohnung in Palace Gate, London, W.8., England. Juli 1944.
ENDE
[1] Bushire, britischer Name für die iranische Hafenstadt Bandar-e Būshehr im persischen Golf, war 1763-1948 ein wichtiger Standort der East India Company und zeitweilig britischer Marinestützpunkt.
[2] David Sassoon (*1792 †1864) war Schatzmeister von Bagdad 1817-1829. Er wurde Führer der jüdischen Gemeinde in Bombay (Mumbai) nachdem die Juden aus Bagdad flohen (wegen eines Korruptionsskandals) und dorthin auswanderten. Er wurde sodann einer der wichtigsten Kaufleute des britischen Indien.
[3] Sir Moses Montefiore (*1784 Livorno/Italien; †1885 Ramsgate) war ein britisch-sephardischer Unternehmer, hoher Beamter, Freimaurer und Vordenker des Zionismus. Er war der erste britische Jude, der in den erblichen Adelsstand erhoben wurde. Baronet, Fellow of the Royal Society, Sheriff of London.
[4] Sir Albert Abdullah David Sassoon, 1. Baronet (*1818 Bagdad †1896 Brighton) genannt der „indische Rothschild“, Kopf der Handelsgesellschaft Davis Sassoon & Sons, Mitgründer der Imperial Bank of Persia
[5] Albert Edward Williamson Goldsmid (*1846 †1904) war britischer Offizier. Gründer der Jewish Lads‘ Brigade, einer britisch-jüdischen Jugendorganisation, sowie des Order of Ancient Maccabeans, einer Anglo-jüdischen Gesellschaft. Vorsitzender der British Zionist movement.
[6] Binyamin Zeʾev Theodor Herzl (*1860 in Pest/Österreich, heute Budapest/Ungarn als Herzl Tivadar, †1904 Niederösterreich) war Vordenker und Hauptbegründer des Zionismus, Verfasser von „Der Judenstaat“. Jurist in Wien und Salzburg, Journalist in Paris.
[7] El-Arish war von Theodor Herzl als zionistische Siedlung im nördlichen Sinai vorgeschlagen, damals britisches Protektorat. Der Plan, maßgeblich vorangetrieben von Colonel Goldsmid, scheiterte. Al-ʿArīsh war 1967-1979 von Israel besetzt und ist heute die größte Stadt auf der ägyptischen Sinai Halbinsel.
[8] Laurence Oliphant (*1829 Kapstadt †1888) war ein britischer Reiseschriftsteller, Diplomat, Geheimagent, christlicher Mystiker und christlicher Zionist. Mehr Beachtung als seine Novellen fand sein Plan für jüdische Bauerngemeinden im Heiligen Land, The Land of Gilead. Lebte einige Jahre in Haifa.
[9] Der Spruch heißt „L’Shana Haba’ah B’Yerushalayim“ also wörtlich „Nächstes Jahr in Jerusalem“
[10] Joseph Herman Hertz (*1872 Slowakei †1946), 1894 nach New York ausgewandert, war ein Theologe, der viele rabbinische Ämter innehatte, so in Syracuse, Johannesburg und New York. Die bedeutendste war Chief Rabbi of the British Empire (1913-1946)
[11] Leopold Jacob Greenberg (*1861 †1931) war britischer Journalist und energischer Propagandist des Zionismus in England seit 1899, als er in das Propagandakomitee der Zionist Organisation gewählt wurde. Der „Jewish Chronicle“ war die führende jüdische Zeitschrift in England. Der Wiki-Eintrag enthält weitere Belege und Zitate für den Dialog zwischen Kriegskabinett und Zionisten zum Kriegseintritt der USA als Lohn für die Sicherung Palästinas.
[12] Sir Tatton Benvenuto Mark Sykes, 6. Baronet (*1879 †1919) war ein britischer Schriftsteller, Oberst, konservativer Politiker und Diplomat. Diente im Kriegskabinett als Nah-Ost Berater, war Chefpropagandist für die arabische Welt. Engagierte sich für jüdische Ansprüche in Palästina.
[13] François Georges-Picot (*1870 †1951) war ein französischer Diplomat und Militär. Er war u.a. Generalkonsul in Beirut, später französischer Botschafter in London, und unterzeichnete während des Ersten Weltkriegs mit dem Briten Sir Mark Sykes das Sykes-Picot-Abkommen, in dem die koloniale Interessengebiete im Nahen Osten nach der erwarteten Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg festgelegt wurden – ohne jede Rücksicht auf ethnische und kulturelle Aspekte und natürlich ohne Mitsprache der betroffenen Völker.
[14] Bei der McMahon-Hussein-Korrespondenz handelt es sich um eine Reihe von Briefen, die während des Ersten Weltkriegs ausgetauscht wurden. Darin erklärte sich die Regierung des Vereinigten Königreichs bereit, die arabische Unabhängigkeit in einer großen Region (einschließlich Palästina!) nach dem Kriege anzuerkennen, wenn der Scharif von Mekka im Gegenzug einen arabischen Aufstand gegen das Osmanische Reich anzetteln würde.
[15] Hussein ibn Ali (*1853 †1931) von 1908 bis 1916 Emir des Hedschas und Großscherif von Mekka sowie von 1916 bis 1924 König des Hedschas (heute in Saudi-Arabien), in dem Mekka und Medina liegen. Letzter Herrscher aus der Dynastie der Haschimiten, sie wurden von der Dynastie der Saud abgelöst.
[16] Thomas Edward Lawrence (*1888 †1935), bekannt als „Lawrence von Arabien“, war ein britischer Offizier, Archäologe, Geheimagent und Schriftsteller. Bekannt wurde Lawrence vor allem durch seine Beteiligung an dem von den Briten forcierten Aufstand der Araber gegen das Osmanische Reich.
[17] Emir Faisal I. bin Al-Hussein bin Ali Al-Hashemi (*1883 †1933), dritter Sohn von Hussein ibn Ali, war König von Syrien (1920) und König des Irak (1921–1933).
[18] Eine Finte von Sykes, der schon seit März 1916 mit Zionisten im Gespräch war.
[19] Alfred Milner, 1. Viscount Milner (*1854 Gießen †1925) war ein britischer Staatsmann deutsch-adeliger Herkunft, Kolonialverwalter, prägte die britische Außenpolitik ab 1890, eines der einflussreichsten Mitglieder im Kriegskabinett. Höchstgrad-Freimaurer
[20] Thomas Woodrow Wilson (*1856 †1924) war ab 1913 der 28. Präsident der USA. Unter Wilson traten die USA im April 1917 in den Ersten Weltkrieg ein, obwohl er seine Wiederwahl 1916 mit dem Versprechen gewann, sein Land aus dem Krieg in Europa herauszuhalten!
[21] Louis Dembitz Brandeis (*1856 †1941) wurde am 4. Juni 1916 durch Woodrow Wilson als erster Jude zum Supreme Court berufen, wo er bis 1939 wirkte. Seine Eltern stammten aus der Prager jüdischen Gemeinde. Brandeis war von 1914 bis zu seiner Berufung Vorsitzender des Provisional Executive Committee for General Zionist Affairs (Exekutiv-Komitee für zionistische Angelegenheiten), also oberster Zionist der USA. Er drängte mit aller Macht auf den Eintritt der USA in den 1. und in den 2. Weltkrieg.
[22] Die Verbindung Wilson-Brandeis kam nicht zuletzt durch Erpressung zustande. An anderer Stelle sagte Malcolm, Präsident Wilson sei „mit Brandeis durch Bande von besonderer Härte verbunden“, eine kryptische Anspielung auf die Geschichte, dass Wilson für einige heiße Liebesbriefe, die er an die Frau eines Kollegen geschrieben hatte, als er Präsident von Princeton war, um 40.000 Dollar erpresst worden war. Er hatte das Geld nicht, und der Vermittler, Samuel Untermyer von der Anwaltskanzlei Guggenheim, Untermyer & Marshall, sagte, er würde es bereitstellen, wenn Wilson für die nächste freie Stelle am Obersten Gerichtshof einen von Untermeyr ausgewählten Kandidaten benennen würde. Wilson war einverstanden, Untermyr zahlte das Schweigegeld, Brandeis war der von Untermyr bezeichnete Kandidat. [FRE2] Quelle
[23] George Nicoll Barnes (*1859 †1940) war britischer Politiker, Gewerkschafter, Führer der Labour Party (1910–1911), 1916 Pensionsminister, Mitglied des Kriegskabinetts von Lloyd George ab 1917.
[24] Nachum ben Josef Samuel Sokolow (1859 Wyszogród †1936 London) war hebräischer Journalist und Schriftsteller, nach Herzls Tod 1905 Generalsekretär der Zionistischen Organisation in Köln, Präsident der Zionistischen Weltorganisation 1931-1935
[25] Echiel Wolfowitsch Tschlenow (*1864 Krementschuk †1918 London) war Arzt in Moskau und einer der Führer der russischen Zionisten. Er war der zweite Vorsitzende des Engeren Aktionskomitees und 1911–1914 der eigentliche Führer der Zionistischen Weltorganisation (deren Hauptsitz damals in Berlin lag).
[26] David Lloyd George, 1. Earl of Dwyfor (*1863 †1945) war britischer Politiker, walisischer Nationalist, Handelsminister, Schatzkanzler, 1916-1922 Premierminister.
[27] Über den Tag der entscheidenden Besprechung mit dem Zustandekommen einer verbindlichen Übereinkunft gibt es abweichende Angaben in den diversen Quellen. Benjamin Freedman [FRE1] und Robert John [JOH] legen die mündliche Übereinkunft in den Oktober 1916.
Schneer[JSN] legt das erste persönliche Treffen von Sykes und Weimann auf den 28. Januar 1917 – also war Weizmann zwar am Tag der mündlichen Übereinkunft nicht persönlich anwesend, aber inhaltlich natürlich im Bilde. Der Prozess der Umstimmung der USA und der Juden weltweit begann im Oktober 1916.
[28] Maurice Pascal Alers Hankey, 1. Baron Hankey (*1877 †1963) war britischer Offizier der Marine und im Marinegeheimdienst, ab 1916 Sekretär im Kriegsministerium. Gilt als Vordenker des Panzerfahrzeugs. Bis 1938 Kabinettssekretär, danach Regierungsdirektor der Suez Canal Company, während des 2. Weltkriegs Regierungsberater. 1939 geadelt. Ab 1945 Autor vieler Schriften über Kriegspolitik.
[29] Sir Ronald William Graham (*1870 †1949) war britischer Diplomat, seit 1902 Erster Sekretär in der Ost-Abteilung des Außenministeriums, britischer Botschafter in Italien 1921-33.
[30] Im Jahr 1839 griffen Muslime die Juden von Maschhad an, ermordeten 36 von ihnen und zwangen die übrigen zum Übertritt. Diese nannte man „Jadid al-Islam“ (Neulinge im Islam), kurz „Jadid“. Während es einigen gelang, über die afghanische Grenze zu fliehen, und einige zu gläubigen Schiiten wurden, nahm die Mehrheit den Islam nur äußerlich an, während sie insgeheim an ihrem jüdischen Glauben festhielt. Ähnliches geschah öfters in Ländern ohne Religionsfreiheit, diese Juden heißen dann „Krypto-Juden“.
[31] Das Datum stimmt nicht. Das Faisal–Weizmann Agreement über den Status von Palästina datiert vom 3. Januar 1919. Faisal konnte kein Englisch und wurde von Lawrence nach der Unterzeichnung ausgetrickst, indem sein handschriftlicher arabischer Zusatz bei der Übermittlung nach England ausgelassen wurde.
[32] Moses Gaster (*1856 Bukarest †1939) war ein rumänischer, später britischer Gelehrter, ab 1887 Hakham der spanischen und portugiesischen jüdischen Gemeinde in London, Linguist für Hebräisch und Rumänisch, Professor für slawische Literatur in Oxford. War 1899 an der Gründung der English Zionist Federation beteiligt. In seinem Haus entstand der erste Entwurf der Balfour Declaration. In diesem Treffen am 7.2.1917 wurde er als Führer der britischen Zionisten endgültig ausgebootet und Weizmann übernahm.
[33] Herbert Louis Samuel, 1. Viscount (*1870 †1963) britischer Politiker, Führer der Liberal Party ab 1931, erster praktizierender Jude, der Kabinettsminister und Parteiführer wurde. Verbreitete den Zionismus im britischen Kabinett seit seinem Memorandum von 1915 „The Future of Palestine“. Wurde 1920 zum ersten Hochkommissar für Palästina ernannt und somit zuständig für die Verwaltung des Gebietes.
[34] James Armand Edmond de Rothschild (*1878 †1957) auch genannt Jimmy de Rothschild, britischer Politiker der Liberal Party, Sohn von Baron Edmond James de Rothschild.
[35] Harry Sacher (*1881 †1971) Sohn polnischer Juden, war britischer Geschäftsmann, Journalist, Zionistenführer, als Jurist Gründer der britisch-palästinensischen Kanzlei Sacher, Horowitz & Klebanoff. Als Industrieller beteiligt am Aufbau der Stromversorgung von Palästina. Arbeitete im Vorstand der Zionistischen Weltorganisation mit Chaim Weizmann. Im Vorstand von Marks & Spencer ab 1932.
[36] Insbesondere Lionel Walter Rothschild, Oberhaupt des britischen Zweigs der Familie und damit mächtigster Mann der britisch-jüdischen Gemeinschaft.
[37] Gerald Henry Fitzmaurice (*1865 †1939) war britischer Diplomat, ab 1905 Konsul in Konstantinopel, ab 1907 oberster Dragoman, d.i. Dolmetscher/Reisebegleiter, im Sinne eines Vermittlers zwischen den Kulturen Europas und des Orients, der seinerzeit vom Osmanischen Reich dominiert war.
[38] Baron Edmond de Rothschild (*1845 †1934) war Mäzen, Kunstsammler und Winzer. Er hat mit immensen Summen den jüdischen Siedlungsbau in Palästina gefördert und war der vielleicht wichtigste Finanzierer des Zionismus. Ein Teil seiner Sammlung entstammt der Plünderung und Brandschatzung des chinesischen Yùyuán (Alter Sommerpalast) durch englische und französische Truppen 1860 am Ende des Zweiten Opium-Krieges.
[39] Herbert Henry Asquith, 1. Earl of Oxford and Asquith (*1852 †1928) war ein britischer Staatsmann der Liberal Party, Premierminister 1908-1916. Seine Regierung stürzte am 05.12.1916 unter dem Eindruck der verheerenden Kriegslage, insbesondere der Schlacht an der Somme mit über 400.000 britischen Verlusten.
[40] Stephen Jean Marie Pichon (*1857 †1933), französischer Außenminister 1906-1911 und 1917-1920, maßgeblich am Versailler Diktat beteiligt.
[41] Bruno François Marie Pierre Jacquin de Margerie (*1861 †1942), Generalsekretär/Direktor des französischen Außenministeriums 1914-1918, Botschafter in Brüssel ab 1919, Botschafter in Berlin 1922-1931.
[42] Kardinal und Staatssekretär Pietro Gasparri schickte Sokolov zu Eugenio Pacelli (später Pius XII), der für eine Audienz am 6. Mai 1917 sorgte. Es war der erste Empfang eines Zionisten durch einen Pabst.
[43] Giacomo della Chiesa (*1854 †1922), Pabst Benedikt XV (1914-1922), bekannt als Friedenspabst, auf Neutralität und Ausgleich bedacht, verurteilte streng die russischen Pogrome, den Krieg, das Versailler Diktat.
[44] Marchese Guglielmo Imperiali di Francavilla (*1858 †1944) war Diplomat und Politiker im Königreich Italien, u.a. 1904-1909 Gesandter im Osmanischen Reich, 1910-1920 Gesandter im Vereinigten Königreich, Mitglied der italienischen Delegation bei der Pariser „Friedenskonferenz“.
[45] Baron Sidney Costantino Sonnino (*1847 †1922) war italienischer Politiker, Großvater jüdischer Bankier, Mutter Waliserin, selbst Anglikaner. Er war 1906 sowie 1909-1910 italienischer Ministerpräsident, Außenminister ab 1914. Maßgeblich für den Eintritt Italiens in den Krieg 1915 auf Seite der Alliierten.
Der Palazzo del Quirinale war Dienstsitz des italienischen Königs, heute des italienischen Präsidenten.
[46] Am 2. April 1917 forderte Woodrow Wilson das Parlament zur Kriegserklärung auf.
[47] Edwin Samuel Montagu (*1879 †1924) war ein britischer liberaler Politiker, zweiter Jude im britischen Parlament, entschiedener Antizionist, der die Balfour-Declaration als antisemitisch betrachtete.
Sohn von Samuel Montagu, geb. Moses Samuel, 1. Baron Swaythling (*1832 †1911), Gründer der Bank Samuel Montagu & Co, 1907 geadelt, ebenfalls Antizionist und einer der Führer der britischen Juden.
[48] Claude Joseph Goldsmid Montefiore (*1858 †1938) war Theologe, Gelehrter der hebräischen Bibel und des Neuen Testaments, einflussreicher Reformjude und Antizionist, 1895-1922 Präsident der Anglo-Jewish Association, 1917 Mitgründer der antizionistischen League of British Jews, 1926-1938 Gründungspräsident der World Union for Progressive Judaism.
[49] David Lindo Alexander (*1842 City of London †1922) war ein englischer Anwalt und Antizionist. Wurde 1877 Vertreter des Board of Deputies of British Jews kurz „Board of Deputies“, der größten britischen jüdischen Organisation, war 1903-1917 ihr Präsident. Sein Nachfolger wurde der Zionist Lord Lionel Walter Rothschild, an den die Balfour-Declaration gerichtet war.
[50] Lucien Wolf (*1857 †1930) war britischer Journalist (Jewish World, Jewish Chronicle), Diplomat und Historiker. 1917 Mitgründer der antizionistischen League of British Jews. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs beendete Wolfs Präferenz für die liberalere deutsche Regierung gegenüber der russischen praktisch seine journalistische Karriere.
[51] Erschienen am 24. Mai 1917, vollständiger Brief siehe Anhang.
[52] Henry Wickham Steed (*1871 †1956) war ein britischer Journalist, Historiker, Propagandist. Lebte in Jena, Berlin, Paris, Rom und Wien. Ab 1914 Leiter der Abteilung Außenpolitik bei der Times in London, setzte 1917/18 das publizistische Gewicht der Times zugunsten der Balfour-Deklaration ein. Leitete zugleich die Österreich-Ungarn-Abteilung des Direktorats für Propaganda in Feindländern. 1919-1922 Chefredakteur der Times.
[53] Lionel Walter Rothschild, 2. Baron Rothschild (*1868 †1937), britischer Bankier und Oberhaupt des britischen Rothschild-Clans, Mitglied des Oberhauses, Zionist, seinerzeit mächtigster Jude in Großbritannien. Chaim Weizmann war sein Freund und Berater. Adressat der Balfour-Deklaration.
[54] Die Times brachte am 28. Mai die Antwort der Zionisten (Lord Rothschild, Joseph Hertz, Chaim Weizmann).
[55] Ein Erinnerungsfehler von Malcolm: die League of British Jews wurde tatsächlich erst im November 1917 gegründet, als Reaktion auf die Balfour Declaration.
[56] David L. Alexander wurde am 17. Juni vom Präsidium des Board of Deputies mit 56 zu 51 Stimmen für seinen Brief verurteilt und als Präsident zum Rücktritt gezwungen (Quelle). Er schloss sich daraufhin der Gründung der antizionistischen League of British Jews an.
[57] Feldmarschall Jan Smuts (*1870 †1950) geboren in der britischen Cape Colony, war südafrikanischer Staatsmann und Militärführer in beiden Weltkriegen. 1910 Mitbegründer der Südafrikanischen Union. 1917 Mitglied des britischen Kriegskabinetts. Bei der Pariser „Friedenskonferenz“ von 1919 war er Wegbereiter des Völkerbunds und sorgte dafür, dass Deutschland die Kontrolle über das 1915 von der Südafrikanischen Union eroberte Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) endgültig verlor. Wurde 1919 Premierminister von Südafrika. Einziger Politiker, der zugleich Unterzeichner sowohl des Versailler Vertrags als auch der UN Charta war.
[58] Sir Leonard Lionel Cohen (*1858 †1938), war britischer Bankier und Angehöriger einer der führenden jüdischen Familien, Mitglied des Jewish Board of Guardians, 1914-1934 Präsident der Jewish Colonization Association (ICA), 1930 geadelt.
[59] Sir Philip Magnus, 1. Baronet (*1842 †1933) war ein britischer Bildungsreformer, Rabbiner und Politiker, 1906-1922 Mitglied des Parlaments.
[60] Samuel Landman war Sekretär von Chaim Weizmann and Nahum Sokolow in 1916, später Generalsekretär der World Zionist Organization. Auch er schrieb, wie Malcolm, seine Memoiren zu den Vorgängen [LAN1]
[61] Simon Marks, 1. Baron Marks of Broughton (*1888 †1964), war ein britischer Geschäftsmann, Sohn des Gründers von Marks & Spencer und Vorstand des Konzerns bis zu seinem Tode.
[62] Israel Moses Sieff, Baron Sieff (*1889 †1972) einer der führenden britischen Zionisten, Mitglied des Oberhauses, ab 1964 Vorstand von Marks & Spencer
Rebecca Doro Sieff (*1890 als Rebecca Marks †1966), Tochter des Gründers von Marks & Spencer
[63] Alfred Moritz Mond, 1. Baron Melchett (*1868 †1930), war ein britischer Industrieller und Politiker. Sohn des aus Deutschland stammenden Chemikers Ludwig Mond und dessen Frau Frieda Löwenthal, beide Juden. 1916-1921 Regierungskommissar für Bauten, 1921-1922 Gesundheitsminister, ab 1926 Vorstand des Chemiekonzerns ICI.
[64] Erich Friedrich Wilhelm Ludendorff (*1865 †1937) war Offizier der Preußischen Armee und des Kaiserlichen Heeres, zuletzt General der Infanterie, und Politiker. Im Ersten Weltkrieg hatte der Feldherr als Erster Generalquartiermeister und Stellvertreter Paul von Hindenburgs bestimmenden Einfluss auf die deutsche Kriegführung und Politik.
[65] Wladimir Zeev Jabotinsky (*1880 Odessa †1940 USA) war ein russischer Zionist und Schriftsteller, Gründer der Jüdischen Legion im Ersten Weltkrieg sowie der Begründer des nationalistischen und revisionistischen Zionismus. Die von ihm 1923 verwendete Metapher einer „Eisernen Mauer aus jüdischen Bajonetten“, die zwischen Arabern und Juden errichtet werden müsse, charakterisiert noch immer die israelische Politik gegenüber der palästinensischen Bevölkerung.
[66] Nach intensiver Lobbyarbeit Jabotinskys in Großbritannien wurde am 23. August 1917 die Bildung einer jüdischen Legion offiziell angekündigt. Zu den Mitgliedern dieser Legion gehörten auch David Ben-Gurion, Jitzchak Ben Tzwi und Levi Eschkol (der erste, zweite und dritte Premierminister Israels)
[67] Aaron Aaronsohn (*1876 †1919) war jüdischer Agrarwissenschaftler, Botaniker und zionistischer Aktivist. Geboren in Rumänien, kam er als Kinde nach Palästina, damals noch Teil des Osmanischen Reichs. Aaronsohn war Entdecker des Urweizen Emmer. Er gründete das Spionagenetzwerk NILI. Von ihm stammt der Vorschlag für die Nordgrenze Palästinas während der Versailler Gespräche.
[68] Diese Sinai and Palestine Campaign begann mit einem osmanisch-deutschen Überfall auf Sinai und den Suezkanal 1915 und endete mit der Kapitulation der osmanischen Truppen im Waffenstillstand von Moudros 1918 und der Teilung des osmanischen Reiches, wobei Frankreich vom Völkerbund die Mandate über Syrien und Libanon erhielt und Großbritannien die Mandate über Mesopotamien (heute Irak) und Palästina.
[69] William George Arthur Ormsby-Gore, 4. Baron Harlech (*1885 †1964) war ein britischer Politiker und Bankmanager. Im März 1917 wurde er zunächst Privatsekretär von Alfred Milner, und kurz darauf zur zum Stellvertretenden Sekretär des Kriegskabinetts ernannt. Baute herzliche Beziehungen zu Chaim Weizmann auf, der in sein Büro flüchtete, während das Kabinett am 31. Oktober 1917 die Balfour-Deklaration billigte, und wurde mit dessen Unterstützung im März 1918 als britischer Verbindungsoffizier nach Palästina entsandt. Erbte 1938 den Titel seines Vaters und wurde somit Mitglied des Oberhauses.
[70] Harold William Vazeille Temperley (*1879 †1939) war britischer Historiker und seit 1931 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Cambridge. War 1919 Mitglied der britischen Delegation bei der Pariser ‚Friedenskonferenz‘, was sich in mehreren Publikationen über die dortigen Verhandlungen niederschlug.